DIE 7 BLINDEN FLECKE
DER MACHT

Foto-Credit: Stefan Beyersdorfer

👑 Macht ist ein Tabu. Darüber spricht man nicht! 👑

Besonders nicht dort, wo es „flache“ Hierarchien gibt. „Gute“ Menschen wollen keine haben (Und glauben manchmal auch, dass sie keine haben). „Schlechte“ Menschen verwenden sie missbräuchlich. Oder?

Dabei ist Macht wie die Luft, die wir atmen – sie ist überall. Selbst in den flachsten Hierarchien. Aber eben auch oft genauso unsichtbar. 

Bemerke auch jetzt in diesem Moment deine Reaktion auf diese Aussagen.

„Betrifft mich nicht, aber meine Chefin/die Politik/etc.“?

Ablehnung? „Macht finde ich unsympathisch, mir wäre ‚Power‘ oder ‚Kraft‘ lieber!“

Vielleicht schaltest du ab und willst nichts mehr mit diesem Post zu tun haben?

Was auch immer deine Reaktion auf diese Aussagen ist: Sie zeigt viel über deinen eigenen Umgang mit Macht 

Menschen würden das Bewusstsein darüber, wieviel Macht sie tatsächlich besitzen, oft am Liebsten vermeiden. Wegschieben. Anderen zuschreiben. 

Wir tun so als ob wir keine Macht hätten…

Warum?

Weil damit oft auch Verantwortung einhergeht. – Das hat schon Spiderman’s Onkel Ben gesagt:

With great power comes great responsibility.
Onkel Ben

Und wir haben gelernt, dass Verantwortung schwer und mühsam sein muss (was aus meiner Sicht kompletter BS ist, aber das ist ein anderes Thema).

Und warum ist das alles wichtig?

Weil Macht nicht nur unsere Beziehungen und Teamdynamik beeinflusst…

…sondern auch konkrete Ergebnisse.

Sie kann
✋ Innovationen bremsen,
✋ Ungleichheiten aufrecht erhalten,
✋ das Engagement der Mitarbeiter/Beteiligten senken und
✋ letztlich nachhaltigen Erfolg und echte Wirkung gefährden

Gerade in diesen herausfordernden Zeiten – Klima, Sinnkrisen, Soziale Ungerechtigkeit – brauchen wir bewusst & verantwortungsvoll eingesetzte Macht, um wirklichen Wandel zu bewirken!

Das Verhalten von Führungskräften und (Sozial)Unternehmer:innen hat erheblichen Einfluss auf das Empfinden der Mitarbeiter, die Kultur der Organisation und die Effektivität aller Bestrebungen. Doch in einer Machtposition ist eine genaue Selbsteinschätzung des eigenen Einflusses aufgrund der hemmenden Wirkung von Macht auf andere praktisch unmöglich. Das Ergebnis? Ein blinder Fleck in der Führung.

Wir sind manchmal wie der Kaiser, der keine Kleider trägt und seinen Hofstaat davon überzeugt hat, ihm zu sagen, dass er die schönsten Roben und Gewänder anhat.

Der Kaiser ist nackt!

Aber wer ist der kleine Junge, der sich traut, uns die Wahrheit zu sagen?

Tatsache ist: Je weiter oben in einer Hierarchie du bist, desto dünner wird die Luft, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass du nackt zur Arbeit kommst, weil du weniger echtes Feedback bekommst.

Und auch das hat einen Grund: Bewusst oder unbewusst ist es ein enormes Risiko für die Menschen um dich herum, dir ihre echte Meinung zu sagen. Sie haben viel zu verlieren. Und da es sehr angenehm sein kann, von allen verschont zu bleiben, bleiben Menschen in Machtpositionen oft ohne klare Fremdwahrnehmung.

Aber das ist gefährlich. Für dich selbst. Und für das, wofür du einstehst. Für die Organisation, die Vision, das Team, das du anführst.

Also: Höchste Zeit, genauer hinzuschauen auf diese 7 blinden Flecken:

1. Ansprechbarkeit

Du denkst, du bist immer ansprechbar? Das denken die meisten von uns. Die Wahrheit ist oft komplizierter. Was ist z.B. mit dem kurzen Augenrollen (auch innerlich), wenn jemand andere Meinungen hat?

Ansprechbarkeit bezeichnet den Grad, zu dem eine Führungskraft psychologische Sicherheit schafft, indem sie zugänglich, offen für Feedback und emotional selbstreguliert ist.

Spektrum der Verhaltensweisen:

Produktiv: bewahrt auch unter Stress die Ruhe; kann Herausforderungen und Feedback annehmen; zeigt Bescheidenheit und Demut; bittet bei Bedarf um Hilfe

Kontraproduktiv: setzt Drohungen und Zwang ein, untergräbt andere, um die Oberhand zu gewinnen, kritisiert andere in der Öffentlichkeit, ist sichtlich frustriert und verärgert

Beispiele:

  • Er droht damit, Mitarbeiter zu entlassen, wenn sie einen Fehler machen.
  • Selbst unter Stress bleibt sie höflich und professionell.

2. Eingreifen

Es ist einfach, Unangenehmes zu ignorieren und zu denken: „Das wird schon wieder!“ Ein anderes Wort dafür: Unterlassung.

Die Dimension des Eingreifens (bzw. Laufenlassens) beschäftigt sich mit dem Ausmaß, in dem eine Führungskraft dafür sorgt, dass der Arbeitsplatz sicher, respektvoll und nicht feindselig ist, und verbales oder physisches Verhalten, das unhöflich, beleidigend oder belästigend ist, verhindert und/oder verantwortungsbewusst darauf reagiert.

Spektrum der Verhaltensweisen:

Produktiv: greift schnell ein, wenn unhöfliches, unangemessenes oder unfreundliches Verhalten auftritt; ist in der Lage, die Stimmung im Raum zu spüren; weiß, was im jeweiligen Kontext angemessen ist, und passt sein Verhalten entsprechend an; beruhigt andere

Kontraproduktiv: kann soziale Signale schlecht deuten; verhält sich unhöflich, macht grobe, sexuelle oder rassistische Witze; beteiligt sich an Scherzen, Neckereien und Späßen, die anderen Unbehagen bereiten

Beispiele:

  • Sie macht sexuelle Witze und Kommentare, und das ist mir unangenehm.
  • Ich habe das Gefühl, dass er, wenn ich Mobbing oder Belästigung sehe oder erlebe, dies ernst nehmen und entsprechend eingreifen würde.

3. Empowerment

Du glaubst, du förderst dein Team? Aber wie machst du das? Und gibst du ihnen wirklich die „Werkzeuge“ an die Hand, die sie brauchen, oder hältst du sie unbewusst zurück?

Viel wird gesprochen über Empowerment – oft wird es auch direkt assoziiert mit der Ermächtigung von Frauen am Arbeitsplatz. Hier ist mit Empowerment aber das Ausmaß gemeint, in dem eine Führungskraft die Entwicklung ihrer Mitarbeiter unterstützt, indem sie sie coacht, ihnen Entwicklungsmöglichkeiten bietet, klare Erwartungen stellt und klare und umsetzbare Rückmeldungen und Anweisungen gibt. Sie achtet also darauf, dass ihr Umfeld erfolgreich sein kann und alles zur Verfügung hat, um die eigenen Schritte erfolgreich umzusetzen.

Spektrum der Verhaltensweisen:

Produktiv: gibt konstruktives und umsetzbares Feedback; holt aktiv die Meinungen und Ideen anderer ein; klärt Rollen und Aufgaben, damit die Mitarbeiter in ihren Rollen erfolgreich sein können; legt Wert darauf, die Entwicklungsziele der direkten Mitarbeiter zu kennen

Kontraproduktiv: gibt vages, wenig hilfreiches oder unspezifisches Feedback; nimmt sich nicht die Zeit, sich mit Mitarbeitenden zu treffen oder sie zu coachen; delegiert nicht oder inkonsistent, ohne die Entwicklungsbedürfnisse der Mitarbeiter zu berücksichtigen

Beispiele:

  • Wenn er mir Feedback gibt, finde ich es vage und wenig hilfreich.
  • Sie legt großen Wert darauf, mich nach meinen Entwicklungszielen zu fragen.

4. Konfliktkompetenz

Konflikte sind unangenehm. Es ist verlockend, sie zu vermeiden. Aber wenn es offensichtliche Spannungen im Team gibt und du das Thema aufschiebst, ist das auch eine Art von Machtausübung – die Macht, Spannungen ungelöst zu lassen.

Konfliktkompetenz ist das Ausmaß, in dem eine Führungskraft in der Lage ist, Menschen zur Verantwortung zu ziehen, Konflikte mit Geschick und Mut zu bewältigen, Meinungsverschiedenheiten produktiv zu moderieren und bei Bedarf einen klaren Standpunkt einzunehmen.

Spektrum von Verhaltensweisen:

Produktiv: bringt schwierige, aber wichtige Themen, die diskutiert werden müssen, zur Sprache; kann Meinungsverschiedenheiten und Unstimmigkeiten produktiv austragen; führt schwierige Gespräche; zieht Menschen zur Verantwortung / zieht Menschen zur Rechenschaft

Kontraproduktiv: lässt zu, dass andere Sitzungen dominieren und torpedieren; vermeidet Konflikte; zieht andere nicht zur Verantwortung; vermeidet schwierige Entscheidungen; scheut sich, kontroverse Themen anzusprechen

Beispiele:

  • Sie lässt es zu, dass andere die Tagesordnung der Besprechung durcheinander bringen und das Gespräch dominieren.
  • Wenn ich einen Konflikt mit einem Kollegen hätte, wüsste ich, dass sie uns helfen könnte, unsere Meinungsverschiedenheiten zu lösen.

5. Fairness

Du denkst, du behandelst alle gleich? Unbewusste Voreingenommenheit kommt aber überall vor. Das beste Beispiel dafür in Organisationen: Du gibst immer den gleichen Personen die spannenden Projekte, ohne es zu merken.

Fairness meint in diesem Kontext das Maß, in dem eine Führungskraft bestrebt ist, einen fairen und integrativen Arbeitsplatz zu schaffen, indem sie aktiv daran arbeitet, Voreingenommenheit, Bevorzugung und Ausgrenzungen abzubauen.

Spektrum der Verhaltensweisen:

Produktiv: trifft Entscheidungen gleichmäßig und fair auf der Grundlage objektiver Kriterien; sorgt dafür, dass jede/r eine Chance hat; nimmt sich Zeit für alle Teammitglieder, nicht nur für diejenigen, die sich zu Wort melden oder für sich selbst eintreten; stört Cliquenbildung und In-Group / Out-Group Dynamiken im Team

Kontraproduktiv: weist Projekte oder Beförderungen willkürlich zu; umgibt sich mit Freunden, Verbündeten und denjenigen, mit denen er mehr gemeinsam hat; fördert Cliquenbildung im Team

Beispiele:

  • Er vergibt die besten Projekte an seine Freunde.
  • Sie denkt daran, Neulinge im Team vorzustellen.

6. Professionalität

Wie oft lässt du dich von Klatsch und Tratsch mitreißen? Wie oft teilst du Informationen, um gut dazustehen?

Professionalität ist das Ausmaß, in dem eine Führungskraft Vertraulichkeit wahrt, angemessene Grenzen gegenüber Mitarbeitern einhält und Klatsch und Tratsch unterlässt.

Spektrum der Verhaltensweisen:

Produktiv: weiß, welche Informationen vertraulich sind und nicht weitergegeben werden sollten; hält andere von Klatsch und Tratsch ab; kommuniziert professionell und angemessen über das Unternehmen und die Unternehmensführung in der Öffentlichkeit oder mit dem Team, selbst wenn er/sie mit der Richtung nicht einverstanden ist

Kontraproduktiv: kritisiert die Führung oder das Unternehmen in der Öffentlichkeit; tratscht über Kollegen; gibt vertrauliche Informationen in unangemessener Weise weiter

Beispiele:

  • Sie tratscht mit mir darüber, was im Führungsteam vor sich geht.
  • Ich würde ihr vertrauen, meine sensiblen Informationen vertraulich zu behandeln.

7. Integrität

Du denkst, du setzt die Bedürfnisse eurer Organisation an erste Stelle? Selbst kleine Kompromisse können sich summieren.

Integrität bezeichnet die Kapazität einer Führungskraft das zu tun, was sie gesagt hat, dass sie tun wird und – in diesem Kontext speziell – das Maß in dem eine Führungskraft das tut, wofür sie legitimiert ist, nämlich zu führen und die Interessen des Teams bzw. der Organisation vor die eigenen Interessen zu stellen. Es ist auch das Ausmaß, in dem eine Führungskraft gemäßigt handelt und darauf verzichtet, die Vorteile und Privilegien ihrer Rolle zum persönlichen Vorteil zu nutzen.

Spektrum der Verhaltensweisen:

Produktiv: ist leicht zu erreichen; beantwortet E-Mails und Anfragen umgehend; befolgt Regeln und lebt das Verhalten vor, das er/sie von anderen erwartet; zeigt Interesse an den Bedürfnissen und Interessen des Unternehmens

Kontraproduktiv: stellt eigenen Bedürfnisse und Interessen in den Vordergrund; bringt andere mit Sonderwünschen in Verlegenheit, indem er/sie zu spät zu Besprechungen kommt, nicht nachfasst oder pünktlich liefert; macht Ausnahmen von den Regeln, wenn es ihm/ihr passt

Beispiele:

  • Egal, was besprochen wird, er findet immer eine Gelegenheit, um mit sich selbst zu prahlen.
  • Sie ist ein Vorbild, wenn es darum geht, die Regeln zu befolgen, die sie für andere aufstellt.

Achtung: Menschlich!

 

Bevor du loslegst damit, die Führungskraft oder den:die (Sozial)Unternehmer:in deines Vertrauens zu beschämen und zu kritisieren, merke vor allem einmal: All das ist zuallererst Menschlich! Normal. Wir alle tappen in diese Fallen, wenn wir in Machtpositionen kommen.

Und wenn du das hier liest, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch du in einer Machtposition bist! Selbst, wenn du keine Geschäftsführerin oder kein Abteilungsleiter bist – du hast in unseren Breitengraden so viel mehr Macht, als du vermutlich denkst. Macht kommt auch aus Erfahrungen, die wir gemacht haben, persönlichen Faktoren wie unserer Persönlichkeitsentwicklung, aus dem in welche Familie wir geboren wurden oder welche Hautfarbe und welches Geschlecht wir haben, aber auch aus dem Wissen, das wir angehäuft oder den Beziehungen und Netzwerken, die wir aufgebaut haben. Macht ist vielfältig.

Und WIR ALLE können besser werden darin, diese blinden Flecken zu sehen. Und verantwortungsvoll(er) mit ihnen umzugehe

🕵️‍♀️ Fremdwahrnehmung ist unerlässlich

Unsere Selbstwahrnehmung ist oft verzerrt. Deshalb ist es wichtig, externe Perspektiven einzubeziehen, etwa durch ein 360° Feedback, wie ich es auch anbieten: Den Diamond Power Index©. 

Wenn du nicht mehr riskieren willst, nackt zur Arbeit zu kommen, dann schreib mir. 

Wenn du bereit bist, auf deine blinden Flecken zu schauen, um nicht nur deine Organisation, sondern auch die Welt um dich herum positiv zu beeinflussen, dann lass uns reden.

Oder du bist dabei bei einem meiner nächsten Changemaking101 Workshops. Ich würd mich freuen, dich dort zu sehen!